Das
Kompetenznetz Rheuma stellt sich vor
Kompetenznetz
Rheuma: Was ist das eigentlich?
Daten
und Fakten zur Versorgung von Rheumakranken
Der
Beitrag der Grundlagenforschung zu einer verbesserten Diagnostik
und Therapie rheumatischer Erkrankungen
Entzündlich-rheumatische
Systemerkrankungen im Kompetenznetz Rheuma
Anhang:
Daten und Fakten
Daten und Fakten zur Versorgung von Rheumakranken
Entzündlich-rheumatische
Systemerkrankungen haben weitreichende Folgen für den Einzelnen
und die Gesellschaft. Die Betroffenen leiden unter chronischen
Schmerzen, fortschreitender Funktionsbeeinträchtigung aller
Gelenke, allgemeinen Krank-heitssymptomen, aber auch unter
langfristigen sozialen Folgen durch erzwungene Aufgabe der
Erwerbstätigkeit oder Hilfe- und Pflegebedürftigkeit. Die
Kosten für die Volkswirtschaft sind hoch. Epidemiologie
und Versorgungsforschung sind wichtige Basisdisziplinen
zur Bewertung der Versorgungssituation und zur Aufdeckung
von Schwachstellen. Sie sind im Kompetenznetz Rheuma als
eigenständiger Forschungsbereich etabliert.
Die rheumatoide Arthritis, das häufigste entzündlich-rheumatische
Krankheitsbild, befällt etwa 0,8% der erwachsenen Bevölkerung,
d.h. rund 500.000 bis 600.000 Menschen in Deutschland. Zwei
Drittel von ihnen sind Frauen. Hinzu kommen die Spondylarthropathien,
die einschließlich der undifferenzierten Formen fast ebenso
häufig sind wie die rheumatoide Arthritis und häufiger jüngere
Männer befallen, sowie die Immunvaskulitiden, zu denen z.B.
der systemische Lupus erythematodes gehört, mit einer deutlich
geringeren Häufigkeit von ca. 50.000 Personen in Deutschland.
Insgesamt müssen wir mit mindestens einer Million Menschen
in Deutschland rechnen, die von einer entzündlich-rheumatischen
Krankheit betroffen sind.
Die medizinische Versorgung dieser Patienten liegt weitgehend
in den Händen nieder-gelassener Internisten und Allgemeinmediziner.
Angesichts der Seltenheit der Krank-heitsbilder reicht die
individuelle Ausbildung und Erfahrung in aller Regel nicht
aus, um eine zeitgemäße Versorgung sicherzustellen. Deshalb
ist es erforderlich, dass diese Problem-patienten konsiliarisch
durch einen internistischen Rheumatologen mitbetreut werden.
Die fachkompetente Ausschöpfung aller Behandlungsmöglichkeiten
ist in vielen Fällen entscheidend für das weitere Schicksal
des Patienten.
Die Rheumatologie verfügt über eine große, bundesweit einheitliche
Datenbasis, die so genannte Kerndokumentation, die von der
Arbeitsgemeinschaft der 24 regionalen kooperativen Rheumazentren
getragen und zentral am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum
in Berlin geführt wird. Seit 1993 werden in dieser Dokumentation
pro Jahr die Daten von etwa 30.000 Patienten mit entzündlich-rheumatischen
Erkrankungen aus rund 100 Einrichtungen (rheumatologische
Praxen, Kliniken und Universitätskliniken) erfasst. Sie
zeigen erhebliche Defizite im Bereich der Patientenversorgung
und große Unterschiede zwischen internistisch-rheumatologisch
und rein hausärztlich betreuten Patienten.
Nach den Daten der Kerndokumentation werden derzeit nur
etwa 20 % der Kranken in der Bevölkerung rheumatologisch
mitbetreut (in rheumatologischen Praxen, Kliniken oder Universitätskliniken).
Und selbst bei diesen Patienten hat es im Schnitt 1,6 Jahre
gedauert, bis der Spezialist erstmals konsultiert wurde
- wertvolle Zeit, die für die Beeinflussung der Erkrankung
verloren gegangen ist. Patienten mit Spondylarthropathien
kommen sogar im Schnitt erst nach 4,9jähriger Krankheitsdauer
in die fachrheumatologische Behandlung. Patienten mit Immunvaskulitiden
werden - wegen der z. T. dramatischen Verläufe - etwas schneller
dem Spezialisten vorgestellt, nach durchschnittlich 1,4
Jahren.
Die rasche Einleitung einer internistisch-rheumatologischen
Mitbetreuung ist aber in vielen Fällen entscheidend für
das weitere Schicksal der Patienten. Folgeschäden lassen
sich nur durch die Ausschöpfung aller Behandlungsmöglichkeiten
nach dem neuesten Stand des Wissens vermeiden. Internistische
Rheumatologen behandeln z. B. Frühfälle von rheumatoider
Arthritis (< 2 Jahre) in fast 80 % mit sog. Basistherapeutika
(z. B. Methotrexat, Sulfasalazin oder Antimalariamittel),
die zuvor behandelnden Hausärzte hatten eine solche Therapie
dagegen nur in 11 % der Fälle begonnen. Ähnliche Unterschiede
zeigen sich auch bei der Verordnung von Steroiden und Medikamenten
zur Osteoporoseprophylaxe sowie in den Bereichen Krankengymnastik,
Massagen, Ergotherapie und bei der besonders wichtigen Patientenschulung.
Die fachrheumatologische Betreuung ist auch deshalb so wichtig,
weil entzündlich-rheumatische Erkrankungen rasch zu einer
Minderung der Arbeitsfähigkeit führen können, die bei längerem
Bestehen fast zwangsläufig in die vorzeitige Berentung mündet.
Derzeit liegt die Erwerbsquote der Betroffenen erheblich
unter dem Wert der Normalbevölkerung. Die indirekten Kosten,
die die Erkrankungen durch den Produktivitätsausfall verursachen,
betragen ein Vielfaches der direkten Krankheitskosten. Für
die rheumatoide Arthritis z. B. belaufen sich die direkten
Kosten nach Berechnungen aus der Kerndokumentation auf 7000
- 9000 DM pro Jahr, während die indirekten Kosten nach einer
Schätzung der Abt. für Rheumatologie der Medizinischen Hochschule
Hannover in den ersten drei Krankheitsjahren bei 23.000
DM pro Jahr liegen.
Prof.
Dr. med. Gerd-Rüdiger Burmester
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und
Direktor der Med. Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und
Klinische Immunologie
Universitätsklinikum Charité der Humboldt-Universität Berlin
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