Patientenorganisationen
kritisieren Therapieverweigerung bei schwerstkranken Menschen
Berlin,
September 2001 - Ungefähr 600.000 Patienten mit stärksten
chronischen Schmerzen leben derzeit in Deutschland, aber
nur etwa fünf Prozent erhalten die zumeist erforderlichen
starken Opioide, und nur eine Minderheit wird in Zentren
umfassend behandelt.
Für
die Patienten kann es aber noch schlimmer kommen, selbst
wenn sie von Spezialisten betreut werden. Greifen die konventionellen
Therapiemöglichkeiten nicht (mehr), haben sie oft nur
noch eine Option: Medikamentenpumpen erlösen Schmerzpatienten
von ihren Dauerqualen.
Pro
Jahr können Ärzte in Deutschland derzeit rund
900 Medikamentenpumpen implantieren. Doch dies ist nicht
ausreichend. Viele Patienten mit chronischen Schmerzen,
die eine solche Behandlung bräuchten, bekommen sie
zur Zeit nicht. Das belegt eine Erhebung der Deutschen Schmerzliga.
Die Ärzte halten die Therapie zwar für erforderlich,
können sie aber nicht ausführen. Der Grund sind
Budgetgrenzen in Kliniken sowie die Weigerung von Krankenkassen,
die Kosten für die Pumpen zu übernehmen. Wie groß
darüber hinaus die Zahl jener ist, die von solchen
Behandlungen profitieren könnte, aber keine Chance
haben, von Spezialisten untersucht und beraten zu werden,
ist aufgrund der ohnehin schlechten Versorgungslage dieser
Patientengruppe derzeit nicht abschätzbar.
Dringenden
Handlungs- und vor allem Einsichtsbedarf sehen darum die
Patientenorganisationen bei Krankenkassen und Politikern:
"Patienten mit chronischen Schmerzen haben ein Recht
auf eine angemessene Therapie. Doch die Krankenkassen verweigern
oder verzögern die Kostenübernahme für die
nötige Behandlung, obwohl diese nicht nur Leid lindern,
sondern darüber hinaus die Behandlungskosten langfristig
senken kann", erklärt Dr. med. Marianne Koch,
Präsidentin der Deutschen Schmerzliga.
Die
Therapien sind in der Tat zu Beginn relativ teuer. Eine
Medikamentenpumpe kostet – je nach Ausstattung –
zwischen 10.000 und 20.000 Mark. Doch sie lindert das Leid
schwerstkranker Menschen und spart langfristig sogar Kosten
ein: etwa für Medikamente, die aufgrund der erforderlichen
Mengen zwar Nebenwirkungen aber kaum noch lindernde Wirkung
haben.
Dies
belegt beispielsweise eine Untersuchung an der Universität
Freiburg. Dort haben Ärzte die Behandlungskosten von
40 Schmerzpatienten ausgewertet, die eine voll implantierbare
Medikamentenpumpe erhalten hatten. Resultat: Über einen
Zeitraum von vier Jahren sanken die jährlichen Kosten
für die ärztliche Behandlung pro Patient um 81
Prozent, die Medikamentenkosten sogar um 86 Prozent. Insgesamt
konnten die Ärzte jährlich über 13.000 Mark
pro Patient an Behandlungskosten einsparen. Die Kosteneinsparung
für alle 40 Patienten betrug im Zeitraum von vier Jahren
nach der Implantation 2,2 Millionen DM.
Hinzu
kommt, dass die Patienten beträchtlich an Lebensqualität
gewinnen, wie die Untersuchung darüber hinaus belegt:
Bei der Hälfte der Patienten verschwanden die Nebenwirkungen
der Medikamente vollständig und 37,5 Prozent hatten
nur noch leichte Nebenwirkungen. Nur 15 Prozent hatten auch
weiterhin mit stärkeren Nebenwirkungen zu kämpfen.
Viele Patienten konnten darüber hinaus wieder ins Berufsleben
zurückkehren, wodurch auch die volkswirtschaftlichen
Kosten der Erkrankung sanken.
Quelle:
Gemeinsame Presseerklärung der Dt. Parkinson Vereinigung
und der Dt. Schmerzliga e.V.
Kontakt:
Deutsche Schmerzliga e.V.
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